Home | Links | Suche | Kontakt | Sitemap | Jobs | Impressum  

 


 
Was ist unter einem betrieblichen Eingliederungsmanagement (BEM) zu verstehen?

D
as sogenannte BEM ist in § 84 Abs. 2 SGB IX geregelt:

"Sind Beschäftigte innerhalb eines Jahres länger als 6 Wochen ununterbrochen oder wiederholt arbeitsunfähig, klärt der Arbeitgeber mit der zuständigen Interessenvertretung im Sinne des §93, bei schwer behinderten Menschen außerdem mit der Schwerbehindertenvertretung, mit Zustimmung und Beteiligung der betroffenen Person die Möglichkeiten, wie die Arbeitsunfähigkeit möglichst überwunden werden und mit welchen Leistungen oder Hilfen erneuter Arbeitsunfähigkeit vorgebeugt und der Arbeitsplatz erhalten werden kann.“

BEM als Voraussetzung der krankheitsbedingten Kündigung?

Die Durchführung des BEM ist nach der Rechtsprechung des BAG keine formelle Wirksamkeitsvoraussetzung für eine Kündigung. Die Norm konkretisiert vielmehr den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz. Das BEM ist nicht selbst ein milderes Mittel. Mit seiner Hilfe können aber mildere Mittel als die Kündigung, z.B. eine Umgestaltung des Arbeitsplatzes oder eine Weiterbeschäftigung auf einem anderen - ggf. durch Umsetzungen freizumachenden - Arbeitsplatz, erkannt und entwickelt werden. Dabei wird das Verhältnismäßigkeitsprinzip nicht allein dadurch verletzt, dass kein BEM durchgeführt wurde. Es muss hinzukommen, dass überhaupt Möglichkeiten einer alternativen (Weiter-)Beschäftigung bestanden haben, die eine Kündigung vermieden hätten (BAG, Urteil vom 10. Dezember 2009 – 2 AZR 400/08 –, juris)

Ordnungsgemäße Belehrung über das BEM!

Der Arbeitgeber muss, wenn er dem Arbeitnehmer ein BEM anbietet auf die Ziele des BEM hinweisen und auf Art und Umfang der hierfür erhobenen und verwendeten Daten (Belehrung nach § 84 Abs. 2 S. 3 SGB IX)! Tut er dies nicht, ist dies wie ein Unterlassen des BEM zu bewerten. (BAG-Urteil vom 24.3.2011-2 AZR 170/10).

Was folgt daraus, wenn ein BEM unterlassen wurde?

Die Unterlassung eines BEM wirkt sich auf die Darlegungs- und Beweislast im Prozess aus:

Der Arbeitgeber trägt nach § 1 Abs. 2 S. 4 Kündigungsschutzgesetz die Darlegungs-und Beweislast für die Tatsachen, die die Kündigung bedingen. Dazu gehört auch die Darlegung fehlender alternativer Beschäftigungsmöglichkeiten. Der Arbeitgeber kann zunächst pauschal behaupten, es bestehe keine andere Beschäftigungsmöglichkeit für einen dauerhaft erkrankten Arbeitnehmer. Diese pauschale Behauptung umfasst auch den Vortrag, es bestehe keine Möglichkeit einer leidensgerechten Anpassung des Arbeitsverhältnisses bzw. des Arbeitsplatzes.

I
n diesem Fall darf er sich nicht darauf beschränken, pauschal vorzutragen, er kenne keine alternativen Einsatzmöglichkeiten für den erkrankten Arbeitnehmer bzw. es gebe keine “freien Arbeitsplätze”, die der erkrankte Arbeitnehmer auf Grund seiner Erkrankung noch ausfüllen könne. Es bedarf vielmehr eines umfassenderen konkreten Sachvortrags des Arbeitgebers zu einem nicht mehr möglichen Einsatz des Arbeitnehmers auf dem bisher innegehabten Arbeitsplatz einerseits und warum andererseits eine leidensgerechte Anpassung und Veränderung ausgeschlossen ist oder der Arbeitnehmer nicht auf einem (alternativen) anderen Arbeitsplatz bei geänderter Tätigkeit eingesetzt werden könne. (BAG, Urteil vom 12. Juli 2007 – 2 AZR 716/06 –, BAGE 123, 234-246).

Daraus ergeben sich drei Varianten, wie ein BEM sich Im Prozess auswirkt:
Variante 1 Variante 2 Variante 3
Der Arbeitgeber hat ein ordnungsgemäßes BEM mit negativem Ergebnis durchgeführt. Der Arbeitgeber hat kein oder ein nicht ordnungsgemäßes BEM durchgeführt. Es ist kein BEM durchgeführt worden, weil der Arbeitnehmer trotz ordnungsgemäßer Belehrung nicht zugestimmt hat.
Der Arbeitgeber kann den Prozess auf das BEM hinweisen und behaupten, dass keine andere Beschäftigungsmöglichkeit bestand. Der Arbeitgeber muss von sich aus denkbare oder vom Arbeitnehmer außergerichtlich bereits genannte Alternativen würdigen und im einzelnen darlegen, aus welchen Gründen eine Anpassung des bisherigen Arbeitsplatzes an zuträgliche Arbeitsbedingungen und die Beschäftigung auf einem anderen-leidensgerechten-Arbeitsplatz ausscheiden.  
Der Arbeitnehmer kann grundsätzlich nicht auf im BEM verworfene Alternative verweisen und er kann nicht auf nicht behandelte Alternativen verweisen, es sei denn, diese haben sich erst nach Abschluss des BEM ergeben. Dann muss erst muss der Arbeitnehmer sich auf einen solchen Vortrag des Arbeitgebers substantiiert einlassen und darlegen, wie er sich selbst eine leidensgerechte Beschäftigung vorstellt. Stimmt der Arbeitnehmer trotz ordnungsgemäßer Belehrung über die Ziele des BEM und Hinweis auf Art und Umfang der hierfür erhobenen und verwendeten Daten einem BEM nicht zu, ist das Unterlassen eines BEM Kündigungsneutral. Der Arbeitgeber soll keinen Nachteil durch das Unterlassen haben. Für die Vortragslast im Prozess gilt das gleiche wie in Variante 1

Wird ein ordnungsgemäßes BEM mit positivem Ergebnis durchgeführt, ist der Arbeitgeber verpflichtet, die Maßnahme vor Ausspruch einer krankheitsbedingten Kündigung umzusetzen. Tut er dies nicht, muss der Arbeitgeber im einzelnen und konkret darlegen und beweisen, warum die Maßnahme entweder trotz Empfehlung undurchführbar war oder selbst bei einer Umsetzung diese keinesfalls zu einer Vermeidung oder Reduzierung von Arbeitsunfähigkeitszeiten geführt hätte.
Weitere Informationen:


BEM
 
 
Maria Timmermann
Rechtsanwältin und
Fachanwältin für Arbeitsrecht

Kurfürstendamm 59
10707 Berlin

Telefon
Telefax
E-Mail
(+49) 030.864 797 -0
(+49) 030.864 797 -77
kanzlei@timmermann-
rechtsanwae
lte.de