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Betriebsbedingte Kündigung (Überblick)

Das Recht der betriebsbedingten Kündigung ist mit vielen Unwägbarkeiten versehen. Auch die aktuelle Rechtsprechung zeigt, daß sich vielfältige Probleme ergeben können. Die nachfolgende Übersicht faßt die Gesichtspunkte zusammen.

Voraussetzungen und Prüfungsfolge

1. Prüfungsstufe: Betriebsbedingter Kündigungsgrund

Grundsatz

Eine betriebsbedingte Kündigung setzt notwendig einen betriebsbedingten Kündigungsgrund voraus.

2. Prüfungsstufe: Außer- und innerbetriebliche Ursachen


Grundsatz

Betriebliche Erfordernisse für eine betriebsbedingte Kündigung können sich aus innerbetrieblichen Umständen (Unternehmerentscheidung wie z. B. Rationalisierungsmaßnahmen) oder durch außerbetriebliche Umstände (z. B. Auftragsmangel) ergeben. Die betrieblichen Erfordernisse müssen »dringend« sein und eine Kündigung im Interesse des Betriebs notwendig machen. Diese Voraussetzung ist erfüllt, wenn es dem Arbeitgeber nicht möglich ist, der betrieblichen Lage durch andere Maßnahmen auf technischem, organisatorischem oder wirtschaftlichem Gebiet als durch Kündigung zu entsprechen. Die Kündigung muß wegen der betrieblichen Lage unvermeidbar sein (BAG, Urteil vom 17. 06. 1999,EzA § 1 KSchG Betriebsbedingte Kündigung Nr. 102; BAG, Urteil vom 17. 06. 1999, EzA § 1KSchG Betriebsbedingte Kündigung Nr. 101).


Beispiele


Außerbetriebliche Gründe:
 
  • Auftragsmangel
  • Umsatzrückgang

Innerbetriebliche Gründe:

 
  • Betriebseinschränkung
  • Umstrukturierung aus Kostengründen
  • Betriebsstillegung / beabsichtigte Betriebsstillegung
  • Rationalisierung
  • Verlagerung der Produktion ins Ausland
  • Umstellung oder Einschränkung der Produktion
  • Entscheidung zur Personalreduzierung / Leistungsverdichtung
Wichtig: Differenzierung zwischen inner- und außerbetrieblicher Ursache

Die Unterscheidung zwischen außer- und innerbetrieblichen Kündigungsursachen einerseits und zwischen der sog. selbstbindenden Unternehmerentscheidung und der gestaltenden Unternehmerentscheidung muß zwingend Beachtung finden. Bei den sog. außerbetrieblichen Faktoren soll der Arbeitgeber unter dem Aspekt der Selbstbindung gehalten sein, Arbeitsplätze genau nur in dem Umfang abzubauen, wie dies durch die geltend gemachten äußeren Umstände (z. B. Auftragsmangel) gerechtfertigt ist . Fehlt es an einer solchen Darlegung oder ist die Kalkulation des Arbeitgebers nach Auffassung des Arbeitsgerichts unzutreffend, ist die Kündigung trotz »an sich« anerkennenswerter und unternehmerischer Motive unwirksam. Vor diesem Hintergrund kann die Berufung auf eine »selbstbindende Unternehmerentscheidung« fehlerhaft sein.


Darlegungslast


Wenn sich der Arbeitgeber auf außerbetriebliche oder innerbetriebliche Umstände beruft, darf er sich nicht aufschlagwortartige Umschreibungen beschränken; er muß seine tatsächlichen Angaben vielmehr so im einzelnen darlegen (substantiieren), daß sie vom Arbeitnehmer mit Gegentatsachen bestritten und vom Gericht überprüft werden können.


3. Prüfungsstufe: Unternehmerische Entscheidung



Grundsatz

Da alleine außer- wie innerbetriebliche Kündigungsursachen noch nicht zum Wegfall des Arbeitsplatzes führen, ist als Grundlage für eine betriebsbedingte Kündigung eine unternehmerische Entscheidung erforderlich.

D. h.: Bei außerbetrieblichen Ursachen bedarf es einer Entscheidung des Arbeitgebers, wie er auf diese Ursache reagiert.

Die innerbetriebliche Ursache fällt dagegen i.d.R. mit der Unternehmerentscheidung zusammen.


Vorliegen der Unternehmerentscheidung


»Vom Gericht voll nachzuprüfen ist, ob eine unternehmerische Entscheidung tatsächlich vorliegt und durch ihre Umsetzung das Beschäftigungsbedürfnis für einzelne Arbeitnehmer entfallen ist (BAG, Urteil vom 18. 09. 1997, ASL 1999, 17; BAG, Urteil vom 17. 06. 1999, EzA § 1 KSchG Betriebsbedingte Kündigung Nr. 12 = DB 1999, 1399).


Eingeschränkte Überprüfung / Mißbrauchskontrolle


Die unternehmerische Entscheidung selbst ist nicht auf ihre sachliche Rechtfertigung oder ihre Zweckmäßigkeit zu überprüfen, sondern nur darauf, ob sie offenbar unsachlich, unvernünftig oder willkürlich ist (bindende Unternehmerentscheidung; BAG, Urteil vom 17. 06. 1999, a.a.O).


4. Prüfungsstufe: Kausaler Wegfall des Weiterbeschäftigungsbedürfnisses



Grundsatz

Eine betriebsbedingte Kündigung ist nur wirksam, wenn durch das dringende betriebliche Erfordernis ein Arbeitsplatz bzw. das Beschäftigungsbedürfnis wegfällt (s. bereits oben 3. Prüfungsstufe).

Es liegt im unternehmerischen Ermessen des Arbeitgebers, ob er im Verhältnis zu dem fehlenden Arbeitskräftebedarf Personal abbaut oder nur einen Teil der überzähligen Arbeitnehmer entläßt und die übrigen z. B. als Personalreserve behält (keine Kongruenz zwischen Umfang des Arbeitsausfalls und Zahl der Entlassungen).

Frage: Entfällt aufgrund der Umsetzung der bindenden – nicht offensichtlich unsachlichen oder willkürlichen – Unternehmerentscheidung das Bedürfnis für eine
Weiterbeschäftigung?


5. Prüfungsstufe: Fehlende Weiterbeschäftigungsmöglichkeit

Grundsatz


Dringende betriebliche Erfordernisse, die zum Wegfall eines Arbeitsplatzes geführt haben, sind nach § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG nur dann zur sozialen Rechtfertigung einer Kündigung geeignet, wenn keine Möglichkeit zur anderweitigen Beschäftigung des Arbeitnehmers besteht.


Prüfung

Besteht  –  ggf. nach zumutbaren Umschulungs- und Fortbildungsmaßnahmen  –
auf einem freien vergleichbaren  –  ggf. auch geringerwertigen  –  Arbeitsplatz im Betrieb oder Unternehmen eine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit?

Betriebs- und unternehmensbezogene Betrachtungsweise – im Gegensatz zur Betriebsbezogenheit der Sozialauswahl (§ 1 Abs. 3 KSchG; konzernbezogene Prüfung i. d. R. nur bei Konzernklausel im Arbeitsvertrag, BAG, Urteil vom 27. 11. 1991, EzA § 1 KSchG Betriebsbedingte Kündigung Nr. 72 = DB 1992, 1247).

Vergleichbarer Arbeitsplatz: Arbeitsplatz entspricht den Fähigkeiten des Arbeitnehmers / Arbeitgeber kann den Arbeitnehmer aufgrund seines Weisungsrechts ohne Änderung des Arbeitsvertrages weiterbeschäftigen. Ein höherwertiger Arbeitsplatz (»Beförderungsstelle«) ist nicht vergleichbar.

Frei ist ein Arbeitsplatz, der zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung unbesetzt ist, mit hinreichender Sicherheit bis zum Ablauf der Kündigungsfrist frei wird, unmittelbar nach Ablauf der Kündigungsfrist zur Verfügung steht oder für den im Zeitpunkt der Kündigung bereits feststeht, daß er in absehbarer Zeit nach Ablauf der Kündigungsfrist frei werden wird, sofern die Überbrückung dieses Zeitraums dem Arbeitgeber zumutbar ist. Zumutbar ist jedenfalls ein Zeitraum, den ein anderer Stellenbewerber zur Einarbeitung benötigen würde (BAG, Urteil vom 15. 12.1994, DB 1995, 979).

Aber: Keinesfalls besteht eine Verpflichtung zur Schaffung eines neuen Arbeitsplatzes.


Weiterbeschäftigung nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen

Wirtschaftlich sinnvoller Einsatz auf freiem oder freiwerdendem Arbeitsplatz nach Umschulung?

Umschulung mit einem vertretbaren zeitlichen und kostenmäßigen Aufwand? =
(–), wenn nicht mit hinreichender Sicherheit vorhersehbar ist, daß nach Abschluß der Maßnahmen eine Beschäftigungsmöglichkeit aufgrund erworbener Qualifikation besteht (BAG, Urteil vom 07. 02. 1991, EzA § 1 KSchG Personalbedingte Kündigung Nr. 9).

Frage: Kann die Kündigung durch Einsatz des Arbeitnehmers – ggf. nach zumutbaren Umschulungs- und Fortbildungsmaßnahmen – auf einem freien vergleichbaren – ggf. geringerwertigen – Arbeitsplatz vermieden werden?


6. Prüfungsstufe: Dringlichkeit der Kündigung

Grundsatz


Die Kündigung muß durch dringende betriebliche Erfordernisse bedingt sein (Konkretisierung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit).

Dringende betriebliche Erfordernisse (+), wenn es dem Arbeitgeber nicht möglich ist, der betrieblichen Lage durch andere Maßnahmen auf technischem, organisatorischem oder wirtschaftlichem Gebiet als durch eine Kündigung zu entsprechen. Die Kündigung muß wegen der betrieblichen Lage unvermeidbar sein (BAG, Urteil vom 17. 06. 1999, EzA § 1 KSchG Betriebsbedingte Kündigung Nr. 102). Es ist nicht ausreichend, daß die dem unternehmerischen Grundkonzept entsprechende Maßnahme an sich geeignet ist, den erstrebten Zweck zu erreichen, es muß vielmehr unter mehreren geeigneten Mitteln dasjenige gewählt werden, das den Betroffenen am wenigsten belastet.

Ggf. vorzuziehende Maßnahmen:
 
  • Weiterbeschäftigung auf freiem, vergleichbarem Arbeitsplatz (s. 5. Prüfungsstufe)
  • Umschulung (s. 5. Prüfungsstufe)
  • ggf. Abbau von Überstunden
I. d. R. nicht vorzuziehende Maßnahmen:
 
  • Arbeitsstreckung
  • Arbeitszeitverkürzung
Weitere Informationen:
 
Voraussetzung
Rechtsprechung
 
 
Maria Timmermann
Rechtsanwältin und
Fachanwältin für Arbeitsrecht

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