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Kündigung wegen Betriebsstilllegung

BAG 18.01.2001 – 2 AZR 514/99 – AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 115 = NZA 2001, 719

Der Entschluss des Arbeitgebers, ab sofort keine neuen Aufträge mehr anzunehmen, allen Arbeitnehmern zum nächstmöglichen Kündigungstermin zu kündigen, zur Abarbeitung der vorhandenen Aufträge eigene Arbeitnehmer nur noch während der jeweiligen Kündigungsfristen einzusetzen und so den Betrieb schnellstmöglich stillzulegen, ist als unternehmerische Entscheidung grundsätzlich geeignet, die entsprechenden Kündigungen sozial zu rechtfertigen.


Kündigung wegen Betriebsstilllegung
BAG 18.01.2001 – „ AZR 239/00 – n.v.

Orientierungssätze:
 
  • wie Leitsatz der Entscheidung 2 AZR 514/99 –  siehe oben
  • Für eine soziale Auswahl bleibt unter diesen Umständen kein Raum
  • Die Anhörung des Betriebsrats ist nicht deshalb unwirksam, weil der
    Arbeitgeber nicht mitgeteilt hat, dass der notfalls Subunternehmer
    einsetzen will, soweit die vorhandenen Aufträge innerhalb der jeweiligen
    Kündigungsfrist nicht vollständig abarbeiten.

Kündigung wegen Betriebsstilllegung

Notwendigkeit eines wirksamen Gesellschafterbeschlusses?
BAG 05.04.2001 – „ AZR 696/99 – NZA 2001, 949

Die unternehmerische Entscheidung zur Stilllegung eines Betriebes einer GmbH kann auch dann die Kündigung des Arbeitsverhältnisses eines in dem Betrieb beschäftigten Arbeitnehmers sozial rechtfertigen, wenn ihr kein wirksamer Beschluss des Gesellschafters zugrunde liegt (Fortführung von BAG 11. März 1998 – 2 AZR 414/97 – AP BetrVG 1972 § 111 Nr. 43)


Betriebsstilllegung oder Betriebsunterbrechung?

BAG 21. Juni 2001 – 2 AZR 137/00 –

Werden nach Einstellung der Produktion die Arbeitsverhältnisse der im Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer gekündigt, so liegt in der Regel eine Auflösung der zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer bestehenden Betriebs- und Produktionsgemeinschaft (Betriebsstilllegung) vor, wenn im Kündigungszeitpunkt davon auszugehen ist, dass eine eventuelle Wiederaufnahme der Produktion erst nach einem längeren, wirtschaftlich nicht unerheblichen Zeitraum erfolgen kann, dessen Überbrückung mit weiteren Vergütungszahlungen dem Arbeitgeber nicht zugemutet werden kann.

(Orientierungssatz: Es gibt sich aus den dem Betriebsrat vor und bei seiner Anhörung zu den beabsichtigten Kündigung erteilten Informationen, dass der Arbeitgeber zur Betriebsstilllegung entschlossen ist, bedarf es im Kündigungsschutzprozess grundsätzlich keiner näheren Darlegungen des Arbeitgebers zu Form und Zeitpunkt der Stilllegungsentscheidung, auch wenn der Arbeitgeber zu einem früheren Zeitpunkt eine bloße Produktionsunterbrechung beabsichtigte).


Betriebsbedingte (Änderungs-)Kündigung wegen Wegfall einer Hierarchiestufe
BAG 27.09.2001 – 2 AZR 176/00 – (vorläufiger Orientierungssatz)

Die Entscheidung des Arbeitgebers, die Führungsstrukturen umzugestalten und die bisherige Leitung eines Unternehmensbereichs durch einen leitenden Angestellten auf ein Kollegialgremium mit Mitarbeitern einer niedrigeren Funktionsgruppe zu übertragen, ist eine unternehmerische Organisationsmaßnahme, die zum Wegfall des Beschäftigungsbedarfs des bisherigen Leiters führen kann. Allerdings bedarf dies unternehmerische Entscheidung einer Konkretisierung, ob der Arbeitplatz des betroffenen leitenden Angestellten tatsächlich weggefallen und die unternehmerische
Entscheidung nicht offensichtlich unsachlich oder willkürlich ist. Dazu muss der darlegungspflichtige Arbeitgeber aufgrund seiner unternehmerischen Vorgaben die zukünftige Entwicklung der Arbeitsmenge anhand einer näher konkretisierten Prognose darstellen und angeben, wie die anfallenden Arbeiten vom verbliebenen Personal ohne überobligationsmäßige Leistungen erledigt werden können ....


Betriebsbedingte Kündigung; ausgewogene Altersstruktur
BAG 23.11.2000 – 2 AZR 533/99 – AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte
Kündigung Nr. 116 = NZA 2001, 601

Die Sicherung einer ausgewogenen Altersstruktur der Erzieherinnen stellt bei einer Stadt, die zahlreiche Kindergärten, Kindertagesstätten und Internate unterhält, ein berechtigtes betriebliches Interesse dar, das bei einer erforderlich werdenden Massenkündigung einer Sozialauswahl allein nach den Kriterien des § 1 Abs. 3 S. 1 KSchG in der vom 01. Oktober 1996 bis 31. Dezember 1998 geltenden Fassung entgegentreten kann.


Änderungskündigung wegen Verlagerung des Betriebsteils
BAG 27.09.2001 – 2 AZR 246/00 – (vorläufiger Orientierungssatz)

Zur freien unternehmerischen Entscheidung gehört die Freiheit zur Wahl des betrieblichen Standorts. Ob die zur Änderungskündigung vom Arbeitgeber angeführten betrieblichen Erfordernisse dringend sind beurteilt sich anhand des
Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes.

Eine Änderungskündigung ist im Sinne des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes erforderlich, wenn es dem Arbeitgeber nicht möglich ist, durch andere technische, organisatorische oder wirtschaftliche Maßnahmen zu erreichen, dass ein Vertrieb zukünftig von einem anderen Standort aus betrieben wird.

Dabei sind nur solche Mittel bei der Erforderlichkeitsprüfung zu berücksichtigen, die gleich wirksam sind, um das unternehmerische Ziel zu erreichen. Zum Vergleich können nicht solche Mittel herangezogen werden, die zur beabsichtigten Zweckerreichung weniger oder sogar ungeeignet sind.


Pauschalierte Mehrarbeitsvergütung
BAG 23.11.2000 – 2 AZR 547/99 – AP BGB § 611 Mehrarbeitsvergütung = NZA
2001, 492

Entschließt sich ein Arbeitgeber, Mehrarbeit verstärkt durch Freizeitausgleich abzugelten, so kann dies je nach den Umständen eine Änderungskündigung mit dem Ziel sozial rechtfertigen, von der vereinbarten pauschalierten Mehrarbeitsvergütung zur „Spitzabrechnung“ der tatsächlich geleisteten Mehrarbeit überzugehen.


Austritt aus dem Arbeitgeberverband; Nachbindung und Nachwirkung von Tarifverträgen; Beendigung der Nachwirkung durch eine unter Vorbehalt angenommene Änderungskündigung zur Entgeltreduzierung?
BAG 27.09.2001 – 2 AZR 236/00 – (vorläufige Orientierungssätze)

Die verlängerte Tarifgebundenheit (Nachbindung) nach einem Austritt des Arbeitgebers aus dem tarifschließenden Arbeitgeberverband nach § 3 Abs. 3 TVG endet mit jeder Änderung des Tarifvertrages und erfasst auch die unveränderten Tarifregelungen.

Die sich bei einem Verbandsaustritt an die Nachbindung anschließende Nachwirkung nach § 4 Abs. 5 TVG kann durch eine einzelvertragliche Abmachung beendet werden. Nimmt der gekündigte Arbeitnehmer das mit der Änderungskündigung verbundene Änderungsangebot unter Vorbehalt an, kommt eine die Nachwirkung beendende einzelvertragliche Abmachung unter der Bedingung zustande, dass sich die Änderung der Arbeitsbedingungen im nachfolgenden Kündigungsschutzprozess als sozial gerechtfertigt erweist.

Bei einer betriebsbedingten Änderungskündigung zur Entgeltabsenkung ist zu berücksichtigen, dass der Arbeitgeber nachhaltig in das arbeitsvertraglich vereinbarte Verhältnis von Leistung und Gegenleistung eingreift. Die Dringlichkeit eines schwerwiegenden Eingriffs in das Leistungs-/ Lohngefüge, wie es die Änderungskündigung zur Durchsetzung einer erheblichen Lohnsenkung darstellt, ist deshalb nur dann begründet, wenn bei einer Aufrechterhaltung der bisherigen Personalkostenstruktur weitere, betrieblich nicht mehr auffangbare Verluste entstehen, die absehbar zu einer Reduzierung der Belegschaft oder sogar zur Schließung des Betriebes führen. Regelmäßig setzt deshalb eine solche Situation einen umfassenden Sanierungsplan voraus, der alle gegenüber der beabsichtigten Änderungskündigung milderen Mittel ausschöpft.

(Fortführung der Rechtsprechung BAG 01.07.1999 – 2 AZR 826/98 – AP KSchG §
2 Nr. 23 und 22.11.2000 – 2 AZR 547/99 – AP KSchG 1969 § 2 Nr. 52)


Kündigungsschutz, Betriebsratsmitglied
BAG 18.10.2000 – 2 AZR 494/99 – AP KSchG 1969 § 15 Nr. 49 = NZA 2001, 321

Wird ein Betriebsratsmitglied in einer Betriebsabteilung beschäftigt, die stillgelegt wird, so ist der Arbeitgeber verpflichtet, die Übernahme des Betriebsratsmitglieds in eine andere Betriebsabteilung notfalls durch Freikündigen eines geeigneten Arbeitsplatzes sicherzustellen. Ob dabei Interessen des durch die erforderliche Freikündigung betroffenen Arbeitnehmers gegen die Interessen des Betriebsratsmitglieds und die Interessen der Belegschaft an der Kontinuität der Besetzung des Betriebsrats abzuwägen sind, bleibt offen.

Wer gegenüber dem Betriebsrat und seinen Mitgliedern so auftritt, als betreibe er zusammen mit anderen Unternehmen einen Gemeinschaftsbetrieb, muss sich im Hinblick auf Sonderkündigungsschutz der Betriebsratsmitglieder (§ 15 KSchG) so behandeln lassen, als bestehe ein Gemeinschaftsbetrieb.
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Maria Timmermann
Rechtsanwältin und
Fachanwältin für Arbeitsrecht

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