Streik und die Folgen


Entgeltfortzahlung bei Krankheit oder Urlaub bei Streik, hier eine Auswahl der Berliner Rechtsprechung.

Gericht: Landesarbeitsgericht Berlin 5. Kammer
Entscheidungsdatum: 08.03.1991
Aktenzeichen: 5 Sa 40/90
Dokumenttyp: Urteil
 
 
 
 

Leitsatz

 
1. Ein Arbeitnehmer ist zu den Streikteilnehmern (nur) dann zu rechnen, wenn er - ausdrücklich oder konkludent - seine Teilnahme (rechtsgeschäftlich) erklärt hat.
 
2. Ein bereits vor Streikbeginn arbeitsunfähig erkrankter Arbeitnehmer behält auch während des Arbeitskampfes seinen Vergütungsfortzahlungsanspruch, wenn er sich nicht am Streik beteiligt.
 
3. Ein Wegfall des Vergütungsfortzahlungsanspruchs läßt sich für solche Arbeitnehmer weder aus arbeitskampfrechtlichen noch aus vergütungsfortzahlungsrechtlichen Grundsätzen herleiten.

 

 

Gericht: Landesarbeitsgericht Berlin 13. Kammer
Entscheidungsdatum: 12.12.1990
Aktenzeichen: 13 Sa 84/90
Dokumenttyp: Urteil
 
 
 
   

Leitsatz

 
1. Arbeitnehmer, die zu Beginn eines Streiks bereits arbeitsunfähig krank waren, die aber im Falle der Arbeitsfähigkeit an ihm teilgenommen hätten, sind wie streikbeteiligte Arbeitnehmer zu behandeln.
 
2. Ein arbeitsunfähig erkrankter Arbeitnehmer hat daher keinen Lohnfortzahlungsanspruch, wenn er unabhängig von der Erkrankung wegen seiner Streikteilnahme nicht gearbeitet hätte.
 
3. Im Streikfall hat der Arbeitgeber zu beweisen, daß sich der vor Streikbeginn erkrankte Arbeitnehmer ohne die Erkrankung am Arbeitskampf beteiligt hätte. Dabei kann dem Arbeitgeber - wie jeder beweisbelasteten Partei - der Anscheinsbeweis zugute kommen.
 
4. Beteiligt sich eine der streikführenden Gewerkschaft angehörende Arbeitnehmerin (Erzieherin) unmittelbar im Anschluß an die Arbeitsunfähigkeit aktiv an den Streikmaßnahmen, so läßt dies mangels Darlegung gegenteiliger Anhaltspunkte durch die Arbeitnehmerin den Schluß zu, daß sie, wäre sie nicht arbeitsunfähig krankgeschrieben gewesen, von Anfang an an den Arbeitskampfmaßnahmen teilgenommen hätte.

 

 

Gericht: Landesarbeitsgericht Berlin 9. Kammer
Entscheidungsdatum: 13.05.1991
Aktenzeichen: 9 Sa 14/91
Dokumenttyp: Urteil
 
 
 
 

Leitsatz

 
1. Der Vergütungsanspruch des Angestellten bei bewilligtem und angetretenem Sonderurlaub nach § 50 Abs 1 BAT entfällt noch nicht deshalb, weil sich der Arbeitnehmer vor und nach diesem Zeitraum an einem gewerkschaftlich geführten Streik beteiligt hat.

 

 

Gericht: Landesarbeitsgericht Berlin 10. Kammer
Entscheidungsdatum: 29.01.1991
Aktenzeichen: 10 Sa 97/90
Dokumenttyp: Urteil
 
 
 
 

Leitsatz

 
1. Bei einem Streik wird die Arbeitspflicht des Arbeitnehmers nicht schon durch einen entsprechenden Aufruf der Gewerkschaft suspendiert, sondern es ist Sache des einzelnen Arbeitnehmers, konkludent (durch Niederlegung der Arbeit) oder ausdrücklich gegenüber dem Arbeitgeber zu erklären, daß er sich am Streik beteilige; nur eine solche Erklärung hat den Wegfall des Entgeltanspruchs zur Folge.
 
2. Der Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfalle setzt voraus, daß die krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit die alleinige Ursache der Arbeitsverhinderung ist; mithin besteht kein Entgeltfortzahlungsanspruch für solche Zeiten, in denen sich der Arbeitnehmer ausdrücklich oder konkludent an einem Streik beteiligt.
 
3. Der bereits vor Streikbeginn arbeitsunfähig erkrankte Arbeitnehmer verliert für die Dauer des Arbeitskampfs seinen Anspruch auf Entgeltfortzahlung nur dann, wenn er sich tatsächlich - aufgrund ausdrücklicher bzw konkludenter Erklärung - aktiv am Streik beteiligt; die Tatsache, daß der Arbeitnehmer der streikführenden Gewerkschaft angehört und unmittelbar nach Beendigung seiner Arbeitsunfähigkeit am Streik teilgenommen hat, vermag den Entgeltfortzahlungsanspruch nicht auszuschließen.

 

 

Gericht: Landesarbeitsgericht Berlin 4. Kammer
Entscheidungsdatum: 20.09.1990
Aktenzeichen: 4 Sa 58/90
Dokumenttyp: Urteil
 
 
 
 

Leitsatz

 
1. Bei einem Streik wird die Arbeitspflicht des Arbeitnehmers nicht schon durch einen entsprechenden Aufruf der Gewerkschaft suspendiert, sondern es ist Sache des einzelnen Arbeitnehmers, konkludent (durch Niederlegung der Arbeit) oder ausdrücklich gegenüber dem Arbeitgeber zu erklären, daß er sich am Streik beteilige; nur eine solche Erklärung hat den Wegfall des Entgeltanspruchs zur Folge.
 
2. Der Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfalle setzt voraus, daß die krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit die alleinige Ursache der Arbeitsverhinderung ist; mithin besteht kein Entgeltfortzahlungsanspruch für solche Zeiten, in denen sich der Arbeitnehmer ausdrücklich oder konkludent an einem Streik beteiligt.
 
3. Hat sich der vor Streikbeginn arbeitsunfähig erkrankte Arbeitnehmer mit den streikenden Arbeitskollegen solidarisch erklärt oder auf andere Weise zum Ausdruck gebracht, daß er auch ohne seine krankheitsbedingte Arbeitsverhinderung nicht gearbeitet hätte, so steht dies einer - zum Wegfall des Entgeltfortzahlungsanspruchs führenden - Streikteilnahme gleich.
 
4. Behauptet der Arbeitgeber, daß sich der vor Streikbeginn arbeitsunfähig erkrankte Arbeitnehmer ohne diese Arbeitsverhinderung am Arbeitskampf beteiligt hätte, so trifft den Arbeitgeber einen entsprechende Darlegungs- und Beweislast; dies gilt jedenfalls dann, wenn er hinsichtlich des zunächst fortgezahlten Arbeitsentgelts einen Rückforderungsanspruch nach § 812 Abs 1 BGB geltend macht.
 
5. Hat es der Arbeitnehmer gegenüber dem bestreikten Betrieb unterlassen, rechtzeitig die Fortsetzung seiner Arbeitsunfähigkeit über die zunächst angenommene Dauer hinaus durch eine ärztliche Folgebescheinigung nachzuweisen, so kommt dies einer Erklärung gleich, vom Streikrecht Gebrauch machen zu wollen; in diesem Falle kann der Arbeitgeber eine weitere Entgeltfortzahlung ablehnen.

 

 

 
 
Maria Timmermann
Rechtsanwältin und
Fachanwältin für Arbeitsrecht

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